Bernhard Lichtenberg

Ich hatte mich im Juni 1966, in der Waldpost Nr. 167, für die Vorstellung der Bernhard-Lichtenberg-Straße entschieden, da in den Tagen der Erscheinung der Waldpost der dritte Besuch (21. bis 23. Juni) von Johannes Paul II, in Deutschland stattfand. Johannes Paul II machte Station in Paderborn und Berlin. Weit über 80 000 Menschen nahmen am Gottesdienst mit dem Heiligen Vater im Berliner Olympiastadion teil. Warum aber diese Entscheidung? Es war damals zu hören, dass der Heilige Vater, Papst Johannes Paul II, am 23. Juni den Berliner Dompropst Bernhard Lichtenberg selig sprechen will.
Konnte man in dieser Serie über unsere Straßennamensgeber aktueller sein?

Bei meinen Recherchen über Bernhard Lichtenberg habe ich einen Zeitungsartikel der „Neue Zeit“ vom 8. September 1951 gefunden. Da dieser Artikel die Person Bernhard Lichtenberg und sein Wirken sehr gut darstellt, möchte ich diesen Ihnen nicht vorenthalten: „Bernhard Lichtenbergs Vater hatte in Ohlau eine Kolonialwaren- und Delikatessenhandlung. Bernhard besuchte das heimatliche Gymnasium und begab sich 1895 nach Innsbruck um auf der dortigen Universität Theologie zu studieren. Nach Beendigung seines Studiums in Breslau erhielt er am 21. Juni 1899 die heilige Priesterweihe. Bernhard Lichtenberg war zuerst Kaplan an St. Jacobus, kam später nach Berlin, das ihm zu seiner zweiten Heimat geworden ist. 1926 wurde er päpstlicher Geheimkämmerer, 1931 Domkapitular und am 2. Februar 1938 Dompropst. Als 1931 der Film „Im Westen nichts Neues“ aufgeführt werden durfte, unterzeichnet Bernhard Lichtenberg eine Einladung für diesen Film, gegen den die Nazis mit Terror vorgingen. Bei einer Beleidigungsklage, die Bernhard Lichtenberg gegen die Nazizeitung „Der Angriff“ erhob, rief er im Gerichtssaal: „Ich verteidige nicht mich, sondern die Ehre einer ehrhaften, anständigen Bewegung des Friedensbundes deutscher Katholiken“. Bernhard Lichtenberg war eine der markantesten Persönlichkeiten unter dem Berliner Klerus. Er war ein Mann, der sich dem Unrecht des Nationalsozialismus nicht beugen konnte und nicht beugen wollte.
Allen Drohungen und Verfolgungen trotzend betete er für die Kathedrale für verwundete, gefangene, gefallene Soldaten hüben und drüben, für den Frieden und den Geist des Friedens, für die bedrängten getauften Juden, für verfolgte Juden, für Häftlinge und ganz besonders für seine Amtsbrüder in den Konzentrationslagern.
Als geistlicher Leiter der Hilfsstelle für getaufte Juden beim bischöflichen Ordinariat half er seinen jüdischen Mitbürgern mit Kleider- und Wäschesammlungen und mit allem nur möglichen. Als er erfuhr, dass Geisteskranke vernichtet wurden, schrieb er am 28. August 1941 an den so genannten „Reichsärzteführer“ Dr. Conti einen Brief, in dem er diese Maßnahme als ein Verbrechen darstellte. Am 29. August betete er wieder in der Kathedrale in der gewohnten Weise. „Lasset uns nun beten für die Juden und für die armen Gefangenen in den Konzentrationslagern, vor allem für meine Amtsbrüder.“ Es wurde Anzeige erstattet und der alte Prälat wurde am 23. Oktober 1941 verhaftet. Bei der gleichzeitigen Haussuchung wurde eine Kanzelverfügung gegen die Judenhetze gefunden, die er entworfen hatte und am darauf folgenden Sonntag verlesen werden sollte.
Dompropst Lichtenberg wurde zuerst in Plötzensee eingeliefert und kam im November in das Untersuchungsgefängnis Moabit. Er war ein schwerkranker Mann, und im Verlauf der Untersuchungshaft verschlimmerte sich sein Zustand zusehends. Obwohl seine Herzanfälle immer schlimmer wurden, wurde sein Gesuch, ihn in ein Privatkrankenhaus zu überführen, abgelehnt mit folgender Begründung: „Der Häftling Lichtenberg hat während seiner Haft weder Reue noch Anzeichen der Gesinnungsänderung gezeigt“.
Am 22. Mai 1942 wurde er nach dreistündiger Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit wegen „Kanzelmissbrauch“ und Vergehen gegen das „Heimtückegesetz“ zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. In Tegel verschlechterte sich sein Gesundheitszustand derartig, dass er wochenlang bettlägerig war. Seine Beine waren durch Wasser geschwollen, und als er am 23. Oktober 1943, statt entlassen zu werden, den Weg nach Dachau antreten musste, war diese seine letzte Fahrt. Auf dem Transport nach Dachau brach er zusammen und starb am 5. November im Staatskrankenhaus zu Hof.

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