„Ganz viel Grün und keine Bänke …“

Eine inspirierende Ortstour mit „Zukunft Oberreut“

Oberreut, 27.08.2024. – Ein Bild mit Unterhaltungswert, aber auch Symbolcharakter: Nachdem die „Ortstour“ der Gesprächsrunde „Zukunft Oberreut“ auf dem zentralen Platz des Gemeinwesens zwischen Netto und Mix Markt angekommen ist, gruppieren sich nach und nach vier Engagierte wie nach einer Choreographie schräg hintereinander. Der Grund? Ein Bäumchen spendet den einzigen nennenswerten Schatten, der die hochsommerliche Sonne ein bisschen abmildert – Hitzeschutz mal anders! Klimagerechtes Handeln ist eines der wesentlichen Themen bei diesem ungewöhnlichen Quartiersspaziergang, mit Expertise, Witz und Charme begleitet von der Mobilen Jugendarbeit / Streetwork Oberreut, Samira Mikhail und Uwe Buchholz, kundig assistiert vom Cheforganisator des Bürgervereins Oberreut, Johannes Stober.

Es werden zahlreiche Ideen zutage gefördert, neu entwickelt, wiederentdeckt während der gut anderthalb Stunden. Die Wandergruppe könnte nicht vielfältiger zusammengestellt sein: Neben Ehrenamtlichen u.a. vom „AK Trinkbrunnen“ und der Bücherschrank-Initiative spaziert das Umwelt- und Arbeitsschutzamt mit, der CDU-Ortsverein Oberreut, DHBW-Studentinnen und natürlich die Quartiersarbeit Oberreut des Diakonischen Werkes Karlsruhe. Zielrichtung bleibt eindeutig die positive Entwicklung im Quartier, sprich Steigerungsmöglichkeiten für die Lebensqualität vor Ort; gejammert wird zwar auch ein bisschen, aber vor allem über die unbarmherzige Hitze …

  1. Station: ÖGZ

„Warum klappt das hier nicht, was anderswo in Karlsruhe so überragend gut gelingt?“, fragt Johannes Stober am ersten Haltepunkt vor dem ÖGZ. Er meint natürlich eine angemessene „Stadtbestuhlung“, mitentscheidend für die Aufenthaltsqualität in einem Stadtviertel. Im Rintheimer Feld, das die „Gruppe Zukunft Oberreut“ einen Monat zuvor besucht hatte, sei dies hervorragend umgesetzt. Weiteres zentrales Thema: Die Errichtung von Trinkbrunnen in Oberreut, eingebettet in die Maßnahmen zum Hitzeschutz. Samira Mikhail und Uwe Buchholz stellen die Grundfrage: Wem gehört was? Nur wenn die Eigentumsverhältnisse geklärt sind und Kooperationsbereitschaft signalisiert wird, kann bauliche Veränderung stattfinden. – Nach wie vor ist das Rondell am ÖGZ eine beliebte Sitzmöglichkeit; die Szenerie entbehrt jedoch jeglicher Atmosphäre. Auch um die Ecke: „Keine Bänke – und vor allem keine mit Lehne.“ Das muss sich ändern. Das wird sich ändern!

  • Tischtennisplatte

„Im Ansatz“ erscheint die Stelle gut gewählt, um sich im Schatten alter Bäume aufzuhalten. Schon in früheren Zeiten haben sich vor allem Jugendliche hier getroffen – an einem der meistbeliebten Orte in Oberreut. „Da kriegt man nämlich alles mit“, erinnert sich eine Teilnehmerin, die hier in jungen Jahren wichtige soziale Kontakte pflegte. „Unbedingt ertüchtigen“ solle man diesen quasi historischen Treffpunkt, darin herrscht Einigkeit. Eine Chance könnte sein, die Tischtennisplatte, lange schon nicht mehr genutzt, andernorts wiederaufzustellen und bequeme Bänke (mit Lehne) „kommunikationsgeeignet“ aufzustellen.

  • Weiße Rose

So bedeutend die Arbeit auch ist, die von der „Weißen Rose“ vor allem für junge Menschen seit Jahrzehnten geleistet wird – der Durchgang zwischen diesem knallroten Gebäude und dem gleichfarbigen ÖGZ gegenüber wird als kahl, im Sommer „brutal heiß“ und wenig einladend erlebt. Auch hier: keine Bänke! Im Zusammenhang mit von nahezu sämtlichen politischen Richtungen geforderter klimagerechten Stadtbepflanzung liegt hier eine Fassadenbegrünung nahe … wie übrigens an sehr vielen Hauswänden in Oberreut! Förderungsmöglichkeiten bestehen derzeit und schon länger auf mehreren Wegen. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Flächenbegrünung und Fassadenbegrünung.

  • Zentraler Platz, Bürgerstüble

Der „Besitzer“ dieser Örtlichkeit ist eindeutig die Stadt – und zwar Gartenbau- und Tiefbauamt. Um eine Kastanie herum wurde ein Rondell angelegt, allerdings, wie gehabt, ohne Sitzgelegenheit. Dem habituell geäußerten Vorwurf, es bestehe die Gefahr der Lärmbelästigung, kann entgegnet werden, dass selbige überall gegeben ist, wo Menschen zusammenkommen. „Mal ein Bier miteinander trinken ist nicht gleich saufen!“, wird der kleinbürgerlichen Auffassung widersprochen. Es braucht unbedingt Bänke … und noch ein paar Bäume mehr, damit sich nicht im einzigen Schatten, den der Stamm wirft, gleich mehrere Leute aufreihen müssen. – Was die kahlen Fassaden von Mix Markt, Netto etc. anbetrifft, sagt der Bebauungsplan: Hier soll begrünt werden, muss aber nicht … Eine dringliche Aufgabe der Stadt, sich mit den Markt-Leitungen ins Benehmen zu setzen! – Um den „heißen, leeren Platz“ zu beleben, wäre auch die geplante Eröffnung eines Biergartens am Bürgerstüble sinnvoll. Allerdings wurde bislang noch kein Antrag dafür gestellt. Seit längerem besteht der Plan, ein Eiscafé zu eröffnen. „Zurzeit müssen alle Eis-Fans nach Grünwinkel zur Eis-Oma fahren!“ – Außerdem hält die Gesprächsrunde die Platzierung eines Trinkbrunnens just an die dieser Stelle für überaus geeignet. Stadtplanerisch gesehen, existiert vor allem die Auflage, einen Durchweg zu erhalten; dies dürfte angesichts der Weite und Breite des Platzes keine Schwierigkeit darstellen.

  • Julius-Leber-Platz

„Toll, hier gibt es nicht nur Bäume, sondern sogar Fahrradständer und eine Salz-Kiste für den Winter!“ Die ironische Diagnose trifft den Kern – denn um einen Kern von Oberreut handelt es sich bei dem hübsch bepflanzten, jedoch außer von einigen Marktbeschickern kaum je genutzten Platz. „Das ewige ‚Argument‘ Lärm und Alkohol ist auch hier nicht stichhaltig.“ Alle anderen Plätze in der Stadt weisen Bänke auf. Samira Mikhail hat sogar ein „Handbuch für Stadtmöblierung“ von 2018 dabei. Darin würde sich mit Sicherheit etwas Passendes finden! Der Wanderkreis beschließt, für Abwechslung zu sorgen: Jede zweite Lücke zwischen den Bäumen bekommt eine Bank; einige der kompakten (an dieser Stelle etwas zweckfreien) Fahrradständer sollten versetzt werden.

  • Hofdurchgang

Ein Paradebeispiel für „defensive Architektur“ findet sich in einem Hofdurchgang Richtung Arche Kunterbunt: Wo bei Regen auf einem Mäuerchen Schutz gefunden werden könnte, wurden Zäune von extremer Leistungsfähigkeit angebracht. „Hier setzt sich keiner mehr hin: nie wieder!“, muss sich der Entscheider gedacht haben. – Gleich wieder einreißen.

  • Spielplatz an der Arche Kunterbunt

Hier scheint „Lärmbelästigung“ keine Rolle zu spielen: Direkt vor den Wohnblocks wurde eine Reihe von Spielplätzen neu geschaffen bzw. renoviert. Zuvor erfolgte eine Befragung der Bewohnerschaft durch die VoWo, ob Kinderspielplätze hier noch nötig seien. Die Ausführung entspricht neuesten Anforderungen. Und es gibt auch Sitzbänke.

  • „Affenkäfig“

Zu Besuch in Absurdistan: Im „Affenkäfig“ genannten Fußballplatz hat es keine Fußballtore … Dennoch kicken ein paar Kinder unentwegt, schießen den Ball gegen den Zaun. „Im Hinblick auf die WM: Dem Spiel würde ein Tor guttun! Oder am besten zwei“, kommentiert ein Mitwanderer.

  • Toto-Lotto-Laden

Seitens der Bewohnerinnen und Bewohner wird immer wieder scharfe Kritik laut: Überall Dreck! Da seitens der Behörden bislang zu wenig unternommen wurde, haben sich mehrere Initiativen gebildet. Sogar ein Aschenbecher wurde vermittels eines innovativen Haltesystems auf einem Mülleimer arretiert. Im Hintergrund sitzen einige Mieterinnen beisammen, die davon berichten, wie sie hier eigeninitiativ eine Parkbank (mit Lehne!) aufgestellt und auch den notwendigen Papierkorb nicht vergessen haben … Die Stadt verspricht Abhilfe: „In Bälde“ werde der Platz neugestaltet – allerdings von Azubis. Ein Einweihungstermin steht noch nicht fest.

  1.  Lost Place „Abo’s Döner“

Im Bebauungsplan ist ein Abriss der betonreichen Wohn-Geschäftskomplexe bereits beschlossen, allerdings gibt es noch Probleme mit einer Eigentumspartei. Derzeit wird die Kanalisation heutigen Anforderungen angepasst. Im Rahmen der Neuplanungen fiel auf, dass auf Grund hoher Zinsen und gestiegener Baukosten die Mietpreise zu hoch lägen; darum könnte nun doch nicht neu gebaut werden bzw. eine abermalige Verzögerung wäre die Folge. Ein kurdischer Verein hatte sich interessiert, kam aber nicht zum Zug. Seitens der Mobilen Jugendarbeit war ein „Kontaktladen“ geplant; das Projekt wurde bereits mit dem Gebäudemanagement besprochen; es wäre nach wie vor begrüßenswert.

  1. Villa Regenbogen / KiFaz / Bücherschrank

An dieser Stelle erhebt sich die Frage, was mit der Grünfläche Richtung Otto-Wels-Straße geschehen soll. Hier wäre eine Einheit von Grünfläche und Wohnbebauung naheliegend und wünschenswert. Noch erscheint der Platz amorph und – wie auch die Flächen um das Restaurant Dionysos – zur Aufhübschung sehr geeignet … Während der Wanderung in die tiefer sinkende Sonne hinein kommt eine weitere Idee auf, die vielleicht ein wenig idyllisch anmutet – aber warum nicht! Im Süden faszinieren das Auge immer wieder schattige berankte Arkaden, Laubengänge und bewachsene Pergola-Strukturen; auch in Oberreut kämen derartige ästhetisch wie ökologisch begeisternde Elemente sehr gut an – nicht zuletzt an viehisch heißen Sommertagen …

Johannes Hucke,
Quartiersmanagement Oberreut des Diakonischen Werks

Es schrieb für Sie:
1. Vorsitzender Bürgerverein Oberreut e.V.